Communiqué: Frauen*streik & Jinwar-Dorf

15. Juni 2019 / Unsere Grüsse und Liebe gehen an alle Helfer*innen, Personen der Arbeitsgruppen, Unterstützer*innen und natürlich all jenen, die gestern mit uns gemeinsam in der Lorraine und an unseren Demonstrationen teilgenommen haben, um eine anarchistische Perspektive am Frauen*streik sichtbar zu machen. Insgesamt beteiligten sich Hunderte Menschen in der Lorraine, bis zu 1000 Menschen an der Vordemo und rund 300 Menschen an der Abenddemo. Wir hoffen, dass wir das Stimmungsbild der Meisten wiedergeben, wenn wir sagen, dass die Vorbereitungen und der Tag uns viel Mut, Energie, Zusammenhalt und Erfahrung gebracht hat. Die Vernetzung werden auf verschiedenem Weg weiterbestehen und die nächsten Mobilisierungen gegen Patriarchat und Staat sind bereits in Planung. Wer Anregungen, Fragen oder Kritik hat, kann sich jederzeit per Mail in Verbindungen setzen: agb@immerda.ch Wir als Gruppe werden uns in den nächsten Wochen intensiv mit der Reflektion des Streikes beschäftigen.

Gestern besetzten wird um 10 Uhr morgens einen Teil der Lorraine. Die Form einer Besetzung wählten wir bewusst, um neue Weg der politischen Praxis in Bern zu testen. Dadurch trugen wir unseren Anteil dazu bei, die bewilligten Aktionen in der Stadt kämpferisch zu erweitern und wir waren an diesem Tag nicht die einzigen, die sich autonom die Strassen nahmen. Im „Jinwar Dorf“ gab es leckeres Essen und Getränke, Infostände, Stellwände, eine Kinderbetreuung, Bastelvorbereitungen für die Demo, viel Raum für Diskussionen, Vorträge über Anarchafeminismus und toxische Männlichkeit, Reden über feministische Bewegungen in Italien und Spanien, sowie diverse Aktionen. Der Name „Jinwar“ ist angelehnt an das „Dorf der freien Frauen*“ in Rojava, wo in den letzten Jahren eine Frauen*revolution durchgesetzt werden konnte.

Unseren Aufrufen Menstruationsartikel für die Gassenarbeit und Gebäck für arbeitende Frauen* vorbeizubringen, stiess auf grossen Anklang. Des Weiteren zogen diverse Aktionsgruppen ganztägig durch Bern. So wurde u.a. das Medienhaus besucht, die Brunnen in der Stadt symbolisch rot gefärbt, Pflegebetriebe, sowie Kitas mit Gebäck und Flyern besucht, das Patriachat vor dem Bundesplatz zerstört und Strassen umbenannt. Vor den offiziellen Demonstrationen zogen wir mit rund vorwiegend 500-600 FLINT-Personen aus der Lorraine los. In der Innenstadt schlossen sich zeitweise bis zu 1000 Menschen dem anarchistischen Block an. Der Abschluss des Tages bildete die Demonstration gegen das Patriarchat am Abend, wo wir erneut von der Lorraine durch die Stadt zogen und u.a. durch die Aarbergergasse gingen, wo häufig sexuelle Übergriffe geschehen.

In einem ersten Fazit denken wir, dass wir sowohl im Vorfeld als auch gestern viele unterschiedliche Menschen mobilisieren und zusammenbringen konnten. Besonders erfreulich war die grosse Beteiligung aus dem Quartier durch Anwohner*innen und Betrieben. Trotz der vielen positiven Beispiele, die wir noch aufzählen könnten, ist und war uns (Selbst-)Kritik immer wichtig. Organisatorisch haben wir einiges gelernt und werden zukünftig unsere Abläufe besser gestalten. Zudem war es für uns wichtig, einen politischen Tag zu gestalten, was sich zeitweise nur schwer mit der Konsum- und Partyhaltung einiger vereinbaren liess. Des Weiteren war es uns wichtig, dass vor allem jene an diesem Tag sichtbar sein sollen, welche an restlichen Tagen im Jahr besonders stark unter patriarchalen Unterdrückungsmechanismen leiden müssen. Dies gelang uns nicht immer, wie beispielsweise an der Demonstration am Abend. Dennoch denken wir, dass es letztendlich ein sehr schöner und bestärkender Tag war.
Geschlechter*befreiung bis zur Herrschaftslosigkeit!