Feministische Stadtverzierung

25. Dezember 2018 /
In den letzten Tagen haben wir die Berner Innenstadt mit feministischen Botschaften verziert. Eine Stadt ist nicht nur eine Verdichtung der ökonomischen Verhältnisse, sondern verdeutlich auch die gesellschaftliche und soziale Unterdrückung. So passieren tagtäglich tausende Menschen die verschiedenen Orte der Unterdrückung an uns Frauen*. Gerade in der winterlichen Ferienzeit nehmen Unterdrückungsmechanismen an Frauen* in Form von Gewalt oder Ausbeutung zu. Nachfolgend zählen wir einige der vielen symbolischen Orte auf und erläutern, warum wir diese markiert haben:

Nationalismus
Die Konsummeilen der Stadt sind weihnachtlich dekoriert mit zahlreichen Schweizerfahnen. Der Nationalismus orientiert sich an ähnlichen Rollenbildern wie die Religion. Frauen sollen als Gebärmaschine der Nation dienen. Allein die späte Einführung des Frauenstimmrechtes 1971 zeigt, welche Rolle die Frau* innerhalb des Schweizer Nationalismus hatte und haben soll. Nationalistisches Denken treibt die Menschen auseinander und festigt unter anderem patriarchale Strukturen. Dies geht sogar so weit, dass sich Nationen unter der Führung meist männlicher Oberhäupter durch kriegerische Auseinandersetzungen auslöschen wollen. Wir wollen eine Welt ohne Grenzen und eine feministische Zukunft! Feministisches Comeback- Geschlecherrollen müssen weg!
 
Nachtleben
In Clubs und dunklen Gassen müssen viele Frauen* nicht selten übergriffige Erfahrungen machen. Im Ausgang sind sexistische Äusserungen über das Aussehen oder Aufforderungen zum Geschlechtsverkehr, körperliches Bedrängen oder sexuelle Übergriffe allgegenwärtig. Nein heisst Nein! Wir wollen keine Angst vor Übergriffen haben und uns bewegen und tanzen können, wie wir es wollen!
No Means No! End Rape Culture! Mackerkultur bekämpfen!
Mode
Modeketten geben durch ihr Angebot vor, wie wir uns als Frauen* zu kleiden und zu präsentieren haben. Mode und Schönheitsvorstellungen sind ebenfalls eine Art Kontrolle über den Körper der Frau*. Dies zeigt sich unter anderem in der beschränkten Funktionalität von Kleidern, wo beispielsweise Hosentaschen nur optisch existieren. Wir wollen uns so anziehen, wie es uns gerade passt und wie wir uns wohl fühlen. Viva La Vulva!
 
Pornographie
In Mitten der Berner Stadt werden im Sexkino pornographische Filme gezeigt, die männerdominiert sind und in denen Frauen* als passives Objekt männlicher sexueller Begierden dargestellt werden. Frauen* werden als stets sexwillige Personen präsentiert, die mit jedem und jederzeit eine sexuelle Beziehung eingehen wollen. Wir wollen gegen ein erniedrigendes Frauen*bild ankämpfen. Für einen feministischen, konsensbasierten und nichtkommerziellen Sex. Girls just wanna have fun- damental Human rights!
Kapitalismus
Frauen* erleben im kapitalistischen System eine mehrfache Unterdrückung und Belastung. Wir müssen nicht nur unsere Arbeitskraft für weniger Lohn verkaufen, sondern nebenbei auch noch den Haushalt schmeissen, Kinder kriegen und diese erziehen. Gleichzeitig wird dadurch die Rolle der Männer* als „starker Ernährer“ gefestigt. Wir wollen eine Gesellschaft, in der die Erziehung und Care-Arbeit von allen getragen wird. Wir wollen ein Wirtschaftssystem ohne Lohnarbeit, indem für die Bedürfnisse aller produziert wird. The future is female!
Globalisierung
In den letzten Jahren ist die Globalisierung in fast jede Ecke der Erde vorgedrungen. Damit haben sich auch gewisse patriarchale Abläufe globalisiert, die in regionalen Kämpfen oftmals vergessen gehen. So dienen Frauen* in den Trikont Ländern als billige Arbeitsmaschinen, die beispielsweise Kleider mit «hippen» feministischen Slogans für Marken wie H&M produzieren. Wir wollen nicht nur hier lokal kämpfen, sondern auch aufmerksam und solidarisch sein mit allen Anliegen von Frauen* weltweit. No Woman can call herself free who does not control her own body!
Religiöse Einrichtungen
In institutionalisierten Religionen dominiert die zweidimensionale Trennung der Rollenbilder von Mann und Frau. Dabei soll die Frau den Part der Familienhütern übernehmen, indem sie die Kinder erziehen und den Haushalt führen soll. Besonders fundamentalistische Kreise, wie die Organisationen rund um den „Marsch fürs Läbe“ oder dem „Up to Faith“ wollen solche Vorstellungen wieder gesellschaftsfähig machen. Dabei gehen sie noch einen Schritt weiter und fordern das Verbot von Abtreibungen. Wir wollen diese klassischen Rollenbilder überwinden und mit unserem Körper machen was wir wollen! My Body My Rules!
Organisieren wir uns!
In den letzten Monaten sind feministische Stimmen wieder lauter geworden. Argentinien, Mexico, USA, Irland, Deutschland, Indien, Rojava– sind nur einige der vielen Orte, wo sich der Widerstand gegen das Patriarchat offensiv organisiert hat. Diesen Impuls wollen wir aufgreifen und uns zusammen mit allen Menschen, die von patriarchalen Strukturen betroffen sind organisieren. Ob an symbolischen Tagen wie dem 25.11, dem Frauen*kampftag am 8. März, dem Frauen*streiktag am 14.06.19 oder im Alltag – wir wollen unsere Stimme erheben und das Patriarchat ein für alle Mal überwinden. Für eine herrschaftsfreie Welt aller Geschlechter*! We will not be Silenced!