06. Juni 2017 /
Heute versammelten sich rund 1000 Menschen auf dem Rathausplatz, um gegen den geplanten Sozialabbau von 10 bis 30 Prozent zu demonstrieren. Unter den Teilnehmer*innen waren viele Direktbetroffene dabei. Damit der Protest auch in der Innenstadt sichtbar gemacht werden konnte, formierten sich rund 60 Menschen zu einer Spontandemo. Diese zog vom Rathausplatz über den Bundes- und Bahnhofplatz Richtung Schützenmatte. Für die nächsten Wochen und Monate haben sich bereits weitere Protestaktionen angekündigt.
Unser Flyer zur heutigen Demo:
Solidarisch handeln – Sozialabbau bekämpfen
Erneut wird gespart und erneut geschieht dies auf dem Buckel der ärmeren Menschen der Gesellschaft. Dieser Satz scheint mittlerweile so häufig zu gelten, dass schon fast vergessen geht, was dies bedeutet.
Selbstbewusst wird die Schweiz als eines der reichsten Länder der Welt genannt, in dem niemand arm sein müsste. Doch die Schweiz war nie und ist kein Schlaraffenland. Vielmehr werden solche Bilder gerne verwendet, um den nationalistischen Epos zu verstärken.
Und wenn die Schweiz angeblich so reich ist, wie kommt es dann, dass mehr als eine halbe Million Menschen in der Schweiz von Armut betroffen sind und rund die Hälfte davon auf Sozialhilfe angewiesen ist?
Die Marktwirtschaft hat nicht zum Ziel, dass es allen Menschen gut geht und alle ihre Bedürfnisse befriedigen können. Grundlegend zieht sich ein Graben durch die Gesellschaft zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden. Letztere verfügen über wirtschaftliches Eigentum, welches sie für ihren Profit nutzen können. Wer, wie die meisten Menschen, über kein wirtschaftliches Eigentum verfügt, muss sich damit rumschlagen, die eigene Arbeitskraft für einen Lohn zu verkaufen. Wir arbeiten folglich im Normalfall nicht primär für das Wohlergehen der Gesellschaft, sondern für das wirtschaftliche Wohl der Eigentümer*Innen der Betriebe. Um uns selbst ein angenehmes Leben zu bescheren, sind wir gezwungen, bei diesem Spiel mitzumachen und begeben uns in eine gegenseitige Konkurrenz. Wer in dieser Konkurrenz nicht bestehen kann, wird ausgemustert.
Der Staat nimmt dabei eine tragende Rolle ein. Er schützt das wirtschaftliche Eigentum mit aller Gewalt und sorgt damit dafür, dass dieser gesellschaftliche Graben aufrechterhalten wird. Zusätzlich sorgt der Staat für möglichst optimale Bedingungen für Firmen und Konzerne, damit diese ihren Profit erhalten und maximieren können. Steuersenkungen für Reiche, Deregulierungen und Privatisierungen sind einige beliebte Mittel dafür.
Weiter ist es für Arbeitgebende von Vorteil, wenn nicht alle Menschen eine Arbeitsstelle besitzen. Denn dadurch wird die Konkurrenz zwischen den Arbeitsnehmenden verstärkt und Arbeitskämpfe erschwert, mit dem Verweis darauf, dass auch jemand anderes die Stelle einnehmen könne.
Hinzu kommt, dass die Konkurrenz zwischen den Arbeitnehmenden dafür sorgt, dass die Solidarität mit Menschen, die nicht bestehen konnten abnimmt und der eigene berufliche Erfolg mehr gewichtet wird, als der gemeinsame Kampf für ein schöneres Leben.
Kein Wunder also, wenn wieder einmal bei den ärmeren Menschen gespart wird. In der Junisession 2017 diskutiert der Grosse Rat über eine weitere Einsparung im sozialen Bereich. Faktisch bedeutet dies eine Kürzung der Sozialhilfe um 10 Prozent. Dabei ignoriert der Kanton Bern die Mindestempfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe und bezahlt schon jetzt weniger. Nun soll sogar dieser Betrag gekürzt werden.
Auch wenn wir heute nicht mehr von einer Klassengesellschaft sprechen können, wie sie im letzten Jahrhundert ein Fakt war, müssen wir einsehen, dass so etwas wie Klassenkampf weiterhin existiert. Nur ist es ein Klassenkampf von oben. Es ist ein Angriff auf unsere Lebensbedingungen, den wir abwenden müssen! Wie auch Mindestlöhne oder der 8-Stunden-Tag erkämpft werden mussten, müssen wir auch heute wieder zusammenstehen und solidarisch handeln.
Vergessen wir aber auch nicht die Systematik hinter der Misere. Nennen wir das Problem beim Namen: Staat und Kapital!