Nach dem israelischen Angriff auf den Iran ist ein offener Krieg zwischen den stärksten Militärmächten in der Region ausgebrochen. In der Nacht auf den 22. Juni griffen auch die USA offen in den Konflikt ein.

B-2-Trankappenbomber ausgerüstet mit bunkerbrechenden GBU-57 Bomben griffen Ziele im Iran an. Der Einsatz gilt als grösster koordinierter Angriff der B-2-Bomber in der Geschichte der USA und es ist der erste bestätigte Einsatz der GBU-57 Bomben überhaupt. Es gibt aktuell keine vergleichbaren Bomben in Punkto Reichweite und Präzision. Begründet wird der militärische Angriff auf den Iran – nebst einem Atomwaffen-programm – vor allem damit, dass nun «Zeit ist für Frieden». Was das bedeutet, präzisierte US-Präsident Trump damit, dass er einen allfälligen Führungswechsel im Iran unterstützen würde. Eine kriegerische Eskalation auf dem auf der einen Seite die rechtsextremen Präsidenten Netanyahu und Trump, sowie auf der anderen Seite das islamistische Regime unter Chamenei stehen, wird kein Frieden bringen. Alle drei Regierungen nutzen den Konflikt gleichzeitig zur Erneuerung der nationalistischen Identität und zur Ablenkung von innenpolitischen Krisen. So verstärkte das iranische Regime seit der Eskalation seine Militärpräsenz in den kurdischen Gebieten. Verschiedene Oppositionelle wurden in den letzten Tagen verhaftet.

Wozu das Regime in der Lage sein kann, zeigte sich im September 2022. Nach dem Tod von Jina Mahsa Amini wurde landesweit die «Jin, Jiyan, Azadi» Protestbewegung gewaltsam niedergeschlagen. Über 500 Menschen wurden dabei getötet und Zehntausende verhaftet. Bis heute werden Oppositionelle aber auch Minderheiten verfolgt, gefoltert und im schlimmsten Fall gehängt. Eine grosse Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich einen politischen Wandel.

Es gibt verschiedene Szenarios, wie sich der aktuelle Konflikt auf das Regime in Iran auswirken kann. Eine weitere Eskalation würde die Region weiter destabilisieren und auf weitere Länder ausweiten. So beschoss der Iran heute bereits Ziele im Irak und Katar. Ein andauernder Krieg würde vor allem viel Druck nach Innen bedeuteten. Darunter leiden würden unter anderem Frauen, aber auch die zahlreichen ethnischen Minderheiten im Land. Ein von aussen forcierter Regimewechsel, welche islamistische Milizen oder gar Monarchist*innen an die Macht bringt, wäre keine echte Verbesserung. Die einzige realistische Hoffnung auf eine bessere Zukunft liegt bei den Menschen, die sich seit Jahren in Bewegungen wie «Jin, Jiyan, Azadi» und anderen oppositionellen Protestbewegungen organisiert haben. Kurdische Gruppen haben bereits dazu aufgerufen, dass sich unterdrückte Gruppen und Bewegungen verbünden sollen. Viele Iraner*innen, welche vor dem Regime nach Europa geflüchtet sind, sahen in den letzten Tagen Fahnen vom Regime oder der Monarchie an den Demonstrationen. Das hat viele zutiefst schockiert. Denn jene die fliehen mussten, kämpften nicht für eine Rückkehr zur Monarchie oder ein neues autoritäres Regime, sondern für einen Systemwechsel ohne autoritäre Repression oder religiöse Diktatur.

Umso wichtiger ist es, jetzt an der Seite jener zu stehen, welche seit Jahren oder gar Jahrzehnten sich gegen das Regime gestellt haben, insbesondere den vielen Kurd*innnen und Oppositionellen.

Kein Krieg mit dem Iran, kein Frieden mit dem Regime!

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