Zum neuen Polizeigesetz in Bern

10. Februar 2019 /

Heute wurde das neue Polizeigesetz im Kanton Bern angenommen. Gerade die Verschärfungen im Bereich von Demonstrationen und der Überwachung zielen auf unsere politische Praxis. Die repressive Aufrüstung ist Teil der weltweiten Krise des Kapitalismus und der damit verbundenen staatlichen Vorbereitung auf mögliche soziale Spannungen. Die sogenannte Demokratie zeigt sich in ihrer autoritären Form – neu ist dies nicht und ein Grund zum Aufgeben sowieso nicht. Vielmehr sollten wir uns fragen, wie wir darauf reagieren und wie wir uns auf die neuen Gegebenheiten vorbereiten wollen. Dazu werden wir demnächst eine Broschüre veröffentlichen, in der die Änderungen aufgrund des neuen Polizeigesetzes veranschaulicht und aktuelle Tipps zum Umgang mit Repression vermittelt werden.

 

Repressive Verschärfungen dienen zunächst einmal dem Zweck, die Menschen einzuschüchtern. Landfriedensbruch, Kostenüberwälzungen, die Verhaftungen an der Afrin Demo oder die Urteile im Fall von Basel18 verdeutlichen dies. Der Staat will nicht nur die Menschen treffen, die er für schuldig hält, sondern auch alle potentiellen Sympathisant*innen. Wenn dadurch erreicht wird, dass weniger Menschen an Demonstrationen teilnehmen oder sich die Anzahl der Aktivist*innen in revolutionären Bewegungen reduziert, so ist der Zweck der Verschärfungen erfüllt. Dessen sollten wir uns stets bewusst sein und uns solchen Entwicklungen entgegenstellen.

 

Weltweit zeigen sich diese Entwicklungen auf verschiedene Arten. In Frankreich sollen schärfere Sanktionen gegen Teilnehmende von Demonstrationen möglich werden. Ein Verstoss gegen das Vermummungsverbot soll mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe und Geldstrafen von bis zu 15’000 Euro geahndet werden. Weiter könnte die Polizei künftig individuelle Demonstrationsverbote aussprechen. Auch in Deutschland werden reihenweise neue Polizeigesetz erlassen. In Bayern soll neuerdings erlaubt werden, dass die Polizei Handgranaten gegen Personen einsetzen kann. In der Türkei wurden in den vergangenen Jahren die Antiterrorgesetz so stark verwässert, dass jede*r kurdische oder linke Aktivist*in weggesperrt werden kann.

 

Trotz der repressiven staatlichen Praxis gegenüber Anarchist*innen, die immer schon Bestandteil der Geschichte der Demokratie war, leben anarchistische Ideen bis heute fort. In Frankreich zeigte sich dies bei den Protesten gegen die Arbeitsmarktreformen oder aktuell bei den Gilets Jaunes. In Deutschland beteiligten sich über 100`000 Aktivist*innen an den Protesten gegen den G20-Gipfel. Der kurdischen Bewegung gelang in Rojava eine der perspektivreichsten Frauen*revolutionen der vergangenen Jahre zu erkämpfen.

 

Dies alles ermutigt uns in der Überzeugung, dass wir uns staatlichen Angriffen mit unserer Willenskraft und mit strategischen Anpassungen entgegenstellen und Veränderungen erkämpfen können. Auf das neue Polizeigesetz bezogen, zeigte die Einführung der Kostenüberwälzung in Luzern, dass zwar weniger bewilligte Demonstrationen stattfanden, es dafür aber umso mehr zu wilden, spontanen und unbewilligten Kundgebungen kam. Überlegen wir gemeinsam, wie wir Antworten auf das neue Polizeigesetz in Bern finden und diese umsetzen können. Lassen wir uns nicht entmutigen und verlieren nicht die Überzeugung, dass eine andere Welt möglich ist.