05. April 2020 / Der Bundesrat ruft zur Solidarität auf. Linke bis Rechte Parteien, Hand in Hand mit Grosskonzernen und ausserparlamentarischen Gruppen unterstützen gemeinsam den Tag der Nachbar*innenschaftshilfe. In der COVID-19 Krise scheinen alle zusammengerückt. Doch für uns ist klar, es gibt keinen Schulterschluss mit Oben. Gerade jetzt ist wichtig, nebst der praktischen Organisation von direkter Hilfe, uns auch jenen entgegenzustellen, welche vor, während und nach der Krise für Unterdrückung und Ausbeutung verantwortlich sind. Wir sehen unsere Rolle nicht darin, karitative Unterstützung zu leisten, um den Staat durch die Krise zu bringen.
Nach der staatlich verordneten Einschränkung des öffentlichen Lebens organisierten sich innert Tagen die ersten Nachbar*innenschaftshilfen. Die Diskussionen gingen häufig in die ähnliche Richtung. Besonders Ältere, Arme oder Risikogruppen würden am meisten unter den Einschränkungen leiden, weil sie zu Hause bleiben müssen oder zu wenig Geld/Zeit für Einkäufe hätten. Die Idee von Nachbar*innenschaftshilfe stand und steht in unseren Augen immer noch für eine direkte Aktion von Unten. Für die vielen kleinen Gruppen hiess es: Wir müssen uns selber helfen, auf den Staat können wir uns nicht verlassen!
Wochen später am Aktionstag zur Unterstützung der Nachbar*innenschaftshilfe tauchen aber plötzliche verschiedene Parteien und Konzerne als Unterstützende auf. Parteien wie die SVP und FDP, welche normalerweise für leere Betonwüsten stehen, statt für lebendige Quartiere. Und zudem am liebsten Linke, Obdachlose oder Asylsuchende aus dem öffentlichen Raum verbannen möchten. Auch habe sie vor der Krise massgeblich die Sparrmassnahmen in der Pflege, Kinderbetreuung oder Frauenhäuser durchgesetzt. Bereiche, welche nun die Hauptlast tragen müssen. Konzerne wie die Migros, die mit Luxusbauten und Grossfilialen in den letzten Jahren einiges an Quartierleben weggentrifiziert hat. Welches Interesse haben also beispielsweise Parteien von links bis rechts oder Konzerne, um sich einer Nachbar*innenschaftshilfe aber auch anderen Initiativen anzubiedern?
Die Migros beispielsweise macht sich die Idee einer Nachbar*innenschaftshilfe direkt zu Nutze. Sie bietet ihre eigene Hilfe an und hat so nach eigenen Angaben tausende freiwillige Helfer*innen, welche die eingekauften Produkte in die Haushalte verteilen. Die Parteien können in einem Moment, in der die ganze Gesellschaft in der Not ist, sich von ihrer vermeintlich sozialen Seite zeigen. Damit tragen sie zur Befriedung und Kanalisierung solcher Bewegung in den Parlamentarismus bei.
Auch wenn wir einige Kritik und Verbesserungsmöglichkeiten haben an den Nachbar*innenschaftshilfen, wie beispielsweise der eher symbolische Bedeutung statt einer effektiven Hilfe oder den Nichteinbezug von Obdachlosen oder Asylsuchenden in den Lagern. So ist es für Viele ein erster Ansatz von Selbstorganisation. In der aktuellen Krise entstehen viele solcher Ansätze, welche hoffentlich auch nach der Krise bestehen werden. Für uns ist es wichtig, dass wir nebst eigenen Initiativen auch in diesen grossen Bewegungen aktiv sind, sowie gegen Versuche diese von Oben zu vereinnahmen entgegenstellen.